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keine Vollnarkose für den dreijährigen Tobias? Januar 26, 2008

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Tobias hat nichts zu lachen

Bezahlung einer Vollnarkose für Dreieinhalbjährigen führt zu Problemenso HNA Online

Faule Zähne: Der dreieinhalb Jahre alte Tobias Tobies ist wegen einer Vollnarkose zwischen die Fronten von Zahnärzten, Narkoseärzten, Krankenkasse und der Kassenärztlichen Vereinigung geraten. Foto: Koch

Von Beate Eder

KASSEL. Karius und Baktus haben in dem Gebiss von Tobias viele große Häuser gebaut. Der Dreieinhalbjährige, der mit seinem Vater Rainer Tobies in Kirchditmold wohnt, hat 14 kariöse Zähne. Seit vielen Wochen gibt ihm sein Vater Brei oder weiche Bananen zu essen.

Kind sabbert

Das Lachen ist dem Kleinen vergangen. Das Kind sabbert sehr stark. „Der Junge hat beim Zähneputzen Angst, weil er Schmerzen hat“, sagt sein Vater, der Tobias seit geraumer Zeit allein erzieht. Er sieht den Fehler ein: „Der Junge hat zu lange die Flasche bekommen.“ Mit der Folge, dass die Backenzähne große Löcher haben und seine Schneidezähne regelrecht abgefressen sind. Weil der Junge noch sehr klein ist, wäre eine Behandlung nur mit Vollnarkose möglich.

Mehrmals war der Kleine in der Zahnarztpraxis von Axel Klatt. Doch „Tobias hat einfach nicht den Mund aufgemacht“, erzählt der Vater. Mehrere Versuche im Juli 2007, die Zähne zu reparieren, schlugen fehl. Die Indikation des Zahnarztes: Nur eine Vollnarkose kann helfen. Doch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung der Tobies‘ versagt die Narkosebehandlung. Der MDK sieht im Juli 2007 „keine zwingende Notwendigkeit“. Gleichzeitig macht er jedoch aufmerksam, dass „bei gegebener Indikation“ eine Narkose zu Kassenlasten erbracht werden kann.

Im 9. Januar 2008 wird Rainer Tobies von der Praxis Klatt aufgefordert, dass er 250 Euro für die Narkose aus der eigenen Tasche zahlen solle. Doch der Mann, der Hartz-IV-Empfänger ist, kann sich das Geld nicht aus den Rippen schneiden. In der Praxis Klatt habe es geheißen, dass die Kassen maximal zehn Prozent der Kosten übernehmen, sagt er. Der verzweifelte Vater wendet sich an das Jugendamt und an die Arbeitsförderung. Sie seien nicht zuständig und könnten die Leistung nicht bezahlen, sei ihm gesagt worden, berichtet Rainer Tobies.

Das Problem bringt Zahnarzt Klatt auf den Punkt: „Für den Betrag, den die Kasse für eine Vollnarkose zahlt, bekomme ich keinen Narkosearzt.“ Er habe damit ständig Probleme – und zwar mit allen Kassen. Klatt behandelt auch behinderte Kinder und Kleinkinder.

Die Problematik ist auch Dr. Stephan Allroggen, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Vereinigung in Hessen, bekannt. Für 30 bis 40 Euro sei der Narkosearzt nicht in der Lage, den Eingriff vorzunehmen. Es stünde offenbar nicht ausreichend Geld zur Verfügung. Geld, das die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hessen für zahnärztliche Vollnarkosen zur Verfügung stellt. Die Vergütung für die Anästhesisten „ist deutlich zu gering“, sagt Allroggen. Er fordert: „Die Leistung muss voll übernommen werden.“

Die KV zieht sich auf Formales zurück: Die Vergütung sei ausreichend. Ärzte würden grundsätzlich nicht für ihre Leistungen kostendeckend bezahlt. Bei entsprechender Indikation werde für Kinder bis zwölf Jahre die Narkose voll übernommen. „Der Versuch, den Differenzbetrag bei den Eltern zu kassieren, ist nicht zulässig“, sagt KV-Pressesprecher Karl Matthias Roth (Frankfurt). Und: „Die Anästhesisten müssen die Leistung erbringen.“

Der Streit wird für Tobias gut ausgehen: Im März hat er einen Termin bei Klatt bekommen. Für die Narkose muss der Vater nichts zahlen – der Zahnarzt und die Narkoseärztin wollen damit ein gutes Werk tun – wie es heißt. Der Konflikt zwischen den Zahnärzten, Narkoseärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung ist damit aber noch lange nicht ausgestanden.

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