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Thema mit vielen Facetten: Zahnersatz im Zentrum des 6. Hirschfeld-Tiburtius-Symposiums Juli 20, 2014

Posted by toebi in Aktuelles.
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Schon bei der Auswahl der Themen und Referenten für das 6. Hirschfeld-Tiburtius-Symposium (HTS) des Dentista e.V. am 28. Juni in Berlin wurde deutlich: „Zahnersatz“ bringt als Tagungs-Thema eine solche Unmenge an spannenden Einzelaspekten mit sich, dass gut und gern eine ganze Kongresswoche hätte gefüllt werden können. Ganzheitliche Aspekte beispielsweise blieben außen vor und werden möglicherweise beim HTS 2015 aufgegriffen. Das aktuelle Programm hatte andere Schwerpunkte gesetzt: Präprothetik, Werkstoffe und Schnittstellen. Zahnersatz selbst sei eine Schnittstelle, nämlich der Knotenpunkt, wo zahnärztliche und zahntechnische Expertise zusammenkommen und mit den Interessen, Möglichkeiten und Wünschen der Patienten eng verwoben sind, sagte PD Dr. Ingrid Peroz, Wissenschaftliche Leiterin des Symposiums.Der präprothetisch orientierte Block startete mit ebenso grundlegenden wie aktuellen Zusammenhängen von Zahnersatz und Parodontopathien, Dr. Susanne Fath/Berlin, machte dabei deutlich, dass nicht alles, was schön aussieht, auch medizinisch sinnvoll ist. Beispiel: eine tief unter dem Zahnfleischrand sitzende Krone. Folgen können eine erhöhte Sulkusfluidrate sein, Attachmentverlust und Rezessionen. Leider seien solche Nachteile Ästhetik-bewussten Patienten meist schwer vermittelbar. Ähnlich schwierig zu kommunizieren ist oft auch die Implementierung kieferorthopädischer Expertise, da Patienten Zeit und Geld aufwenden müssen, berichtete OÄ Sylvia Engel/Charité. Dabei sei die Bandbreite dessen, was KFO heute leisten könne, beeindruckend. Als Beispiele nannte sie die Molarenaufrichtung, Pfeilerverteilung, Bisshebung, die Behebung von Kreuzbiss und Problemen mit verlagerten Zähnen bis hin zur Beseitigung parodontaler Erkrankungen durch optimierte Zahnstellung. Dass „Zuhören“ ein wichtiger Faktor bei der Patienteninformation ist, wurde bei der Präsentation von ZTM Alexandr Mirankij/Nürnberg deutlich: Eine bewusst vereinfachte Fotoanalyse visualisiert die Fakten, ein gezielt geführtes Gespräch mit dem Patienten erfühlt dessen Wünsche. Die Kommunikation mit dem Zahnarzt zeigt die medizinischen Möglichkeiten, die zu einem harmonischen Gesamtkonzept führen. Sein Credo: Zu jedem Charakterzug gehört individueller Zahnersatz hinsichtlich Form, Größe und Farbe.

Im Block „Werkstoffe“ entwickelte Dr. Andrea Diehl/Berlin aus Misserfolgs-Beispielen bei Vollkeramiklösungen, die sie in ihrer langjährigen Erfahrung als Gutachterin gesehen hat, Empfehlungen für die Praxis. Per se sei das Material für Bruxismus-Patienten kritisch. Häufig sei die Präparation nicht Keramik-gerecht („Es muss alles rund sein“), zu Fehlern gehöre die falsche Zement-Technik („nicht feucht benetztes Dentin“) und nicht ausreichende Beachtung der Funktion: Bei Problemen mit dem Mundschließermuskel könnten die Zähne ungeführt aufeinanderknallen. Neben die Keramik stellte ZTM Annette von Hajmasy/Köln zum Vergleich den auch bei Prothetik immer wichtiger werdenden Werkstoff Komposit, der manches schlechter und vieles besser könne als Keramik. Beispiel: seine Reparaturfreundlichkeit. Der oft schlechte Ruf des Komposits überrasche und hänge vermutlich mit zu geringem Wissen zusammen. Sie stellte verschiedene Komposite, Füllstoffgehalt und Korngrößen vor und die Unterschiede zwischen Mikrofüller-Kompositen und Hybridkompositen. Komposite seien unterschiedlich wie Äpfel und Birnen. Bei älteren Patienten sei Komposit-Prothetik sinnvoll wegen leichter Reparaturmöglichkeit und bei Bruxern ohnehin das Mittel der Wahl.

Mit einem Blick auf Praxis & Gesellschaft und Daten zum Thema „Gesundheitsausgaben als Kostenfalle“ startete der Block „Schnittstellen“ mit Gerontologe Prof. Dr. Uwe Fachinger/Vechta. Die Gesellschaft altere, Zahnersatz sei ein großes Thema für die ältere Bevölkerung und für Viele mit zunehmendem Alter und abnehmenden wirtschaftlichen Möglichkeit kaum noch finanzierbar. Dass digitale Lösungen diesbezüglich eine gewisse Potenz haben, ließen die beiden anschließenden Vorträge anklingen. Dr. Sabine Kusche/Warburg berichtete aus ihrer eigenen 15-jährigen Erfahrung mit CEREC in einer Einzelpraxis und verwies auf die Chancen (kostengünstig und schnell) und Limitierungen des Verfahrens: „Wenn es ästhetisch hochwertig werden soll, gebe ich das an meinen Zahntechniker.“ Ob das Verfahren für die Praxis wirtschaftlich sei, sei relativ: „Ich mag den Komfort für die Patienten!“ Ihre Bilanz: ein klares Ja bei Inlays und Teilkronen, ein Jein bei Einzelkronen und ein Nein bei Tabletops und Brücken mit mehreren Kronen. Wie sich das Thema „Digitalisierung“ auf Seiten der Zahntechnik darstellt, zeigten ZTM Jacqueline Riebschläger und ZT Nadine Schön/Berlin unter anderem mit einem selbsterstellten Zeichentrick-Video, für das es Zwischenapplaus des Auditoriums gab. Zahnärztin „Frau Zahn“ höre dauernd von CAD/CAM und frage sich, wie sie das alles umsetzen soll – das sei aber genau die Frage, wie sie sich auch die Zahntechniker stellten. Ein Blick hinter die Laborkulissen zeigte den Weg vom Entschluss zur Einführung von CAD/CAM über Hürden und Frustrationen hinweg bis zum erfolgreichen Ziel und der Begeisterung. Tagungsabschließend gab Dr. Astrid Tabellion MSc./Offenburg den Teilnehmern einen vielfältigen Kanon an Tipps für die Patientenberatung mit – für Praxen, die nicht selbst implantieren, aber Patenten auch über Implantate aufklären müssen. Dabei standen die Unterschiede von Prothetik auf Naturzahn und Prothetik auf Implantat im Mittelpunkt wie beispielsweise das jeweils anders strukturierte Gewebe und auch die Biomechanik: Implantatkronen sollten wegen der weniger gut aufgefangenen Druckbelastungen niedriger angelegt werden als die Nachbarzahnkronen.
Diskussionen mit den Referenten gab es nicht nur nach den Vorträgen, sondern auch beim traditionellen Get Together im Foyer der Kaiserin-Friedrich-Stiftung, die, weil sich offenkundig alle dort wohlfühlen, erneut gebucht ist für das 7. HTS: am 20. Juni 2015.

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