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Erstanwendung einer neuen Vollkeramik-Lösung Juli 26, 2019

Posted by toebi in Uncategorized.
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Mit der Einführung des neuartigen CAD/CAM-Materials IPS e.max ZirCAD Prime (Ivoclar Vivadent) wird Zahntechnikern eine vielversprechende Vollkeramik in Aussicht gestellt. Als One-Disc-Solution soll das Material nicht nur sämtliche Verarbeitungstechniken unterstützen und alle Indikationen bedienen, sondern gleichzeitig auch High-end-Ästhetik, vergleichbar mit Lithiumdisilikat, ermöglichen. Ob das Material halten kann, was der Hersteller verspricht, zeigt das folgende Anwendungsbeispiel. Es handelt sich dabei um den ersten Patientenfall, den ich mit IPS e.max ZirCAD Prime gelöst habe. Da ich schon sehr neugierig auf das neue Material war, habe ich mich auf dessen Erstanwendung sehr gefreut.

 

Der Rohling besteht aus den zwei Rohstoffen 3Y-TZP (hochfestes Zirkoniumoxid) sowie 5Y-TZP (hochtransluzentes Zirkoniumoxid) und basiert auf der sogenannten Gradient Technology (GT). Diese umfasst u. a. eine spezielle Pulver-Konditionierung, die eine optimale Kombination der Rohstoffe ermöglicht und so für eine besonders hohe Passgenauigkeit sorgen soll. Eine neue Fülltechnologie liefert – anders als bei herkömmlichen Multilayer-Materialien – einen stufenlosen und schichtfreien Farb- und Transluzenzverlauf, so der Hersteller. Die Nachvergütung mittels Cold Isostatic Pressing (CIP) führt zu einer verbesserten homogenen Gefügestruktur. Daraus sollen zusätzlich eine höhere Transluzenz und sehr schnelle Sinterzyklen resultieren.

 

Ausgangssituation und Behandlungsplan

In der Zahnarztpraxis Dr. Katharina Lechner (Lustenau, Österreich) wurde eine neue Patientin (70 J.) vorstellig. Sie klagte über untragbare Defizite im Kauvermögen aufgrund Lockerungen der bestehenden Brückenversorgungen (13-11-22, 23-26). Die Untersuchung ergab, dass alle Pfeiler mit Ausnahme von Zahn 22 nicht erhaltungswürdig waren. In regio 26 wurde sogar eine Spaltung des Pfeilerzahns bis in die Tiefe der Wurzel festgestellt. Aufgrund dieses alarmierenden Befundes beschloss die behandelnde Zahnärztin in Absprache mit der Patientin auch Zahn 22 zu extrahieren, um eine rein implantatgetragene Brückenversorgung zu realisieren. Es wurden insgesamt vier Implantate im Oberkiefer inseriert (in regio 13, 22, 23, 26) und eine provisorische Klammerprothese angefertigt (Abb. 1 und 2).

 

Prothetische Planung

Es wurde in Erwägung gezogen, zwei Brücken für die Versorgung des Oberkiefers anzufertigen. Es standen jedoch Bedenken im Raum, dass hierbei möglicherweise ein Spalt zwischen 22 und 23 sichtbar werden könnte. Die Wahl fiel deshalb auf eine zusammenhängende Brücke mit Zirkoniumoxid-Gerüst. Die Sorge der Zahnärztin war aber, dass Abplatzungen auftreten könnten, was bei dieser Spannweite fatal wäre. Es wurde daher Kunststoff als Verblendmaterial angefragt. Dabei besteht jedoch immer das Risiko, auf Dauer mit Verfärbungen, Geruchsentwicklung und Geschmackseinbussen konfrontiert zu werden. Das neue IPS e.max ZirCAD Prime schien hier – speziell wegen der Verbindung zweier Rohstoffe in einem Material – die bessere Alternative zu sein: Das 3Y-TZP bietet höchste Stabilität und eignet sich somit bestens für mehrspannige Brücken, das 5Y-TZP ermöglicht zusätzlich mit seiner Transluzenz grösstmögliche Ästhetik im Inzisal- bzw. Okklusalbereich. Die Entscheidung für die Vollkeramik war damit leicht gefällt.

 

Prothetische Umsetzung

Zunächst wurde analog ein vollanatomisches Wax-up modelliert (Abb. 3) und dieses dann eingescannt; wir arbeiten mit dem CAD/CAM-System von Amann Girrbach. Mithilfe der CAD-Software erfolgte digital ein grobes Cut-back (Abb. 4). Die Zahnkronen in regio 25 und 26 waren davon ausgenommen, ihre monolithische Gestaltung wurde beibehalten. Im folgenden Schritt wurde die teilreduzierte Konstruktion gefräst. Im noch ungesinterten Zustand wurde das Gerüst danach mit feinen Diamanten beschliffen, um die Cut-back-Struktur detaillierter auszuarbeiten (Abb. 5). Reduziert wurden ausschliesslich die Labialflächen in regio 13-24. Alle Funktionsflächen, sowie die insicale Länge wurden in Zirkoniumoxid belassen.

 

Einzelkronen und bis zu dreigliedrige Brücken aus IPS e.max ZirCAD Prime lassen sich im Programat S1 1600 (Ivoclar Vivadent) mittels Speed-Sinterprogrammen innerhalb 2 h 26 min bzw. 4 h 25 min verarbeiten. Ausserdem gibt es für Einzelzahnkronen und für bis zu 14-gliedrige Brücken das ZirCAD All-in-one-Standard-Sinterprogramm mit einer Prozessdauer von 9 h 50 min. Das Material ist vom Hersteller aber auch zur Verarbeitung mit Fremdöfen freigegeben; wir setzen für Zirkoniumoxid beispielsweise den Ceramill Therm 3 (Amann Girrbach) ein. Die Transluzenz der Schneidebereiche fiel nach dem Sintern sofort positiv auf (Abb. 6). Abbildung 7 zeigt das auf dem Modell aufgepasste Gerüst. Die endgültige Länge der Zahnkronen (Schneidekante) wurde bereits mit dem Gerüst realisiert. Das erleichtert das nachfolgende Schichten signifikant, da keine weitere Schrumpfung in der Dimension entsteht. Die Einprobe im Patientenmund mit verklebten Titanbrückenaufbauten verlief erfolgreich. Kontrolliert wurden die Gingivaauflagen der Zwischenglieder, die Putzbarkeit im Bereich der Implantate sowie die Länge der Restauration hinsichtlich Smile Line, Phonetik etc. (Abb. 8).

 

Geschichtet wurde mit IPS e.max Ceram (Ivoclar Vivadent). Zunächst erfolgte ein Washbrand mit Mamelonmassen (MM light und MM yellow-orange) (Abb. 9). Approximale und zervikale Bereiche wurden zusätzlich gezielt bemalt, mit Malfarbenliquid befeuchtet und in Sprinkeltechnik mit Transpamasse (T neutral) bestreut. Dann wurde eine dünne Schicht Dentinmasse (Power Dentin A2) und anschliessend Incisalmasse (Transpa Incisal 2) aufgetragen (Abb. 10). Im nächsten Schritt wurde eine Wechselschichtung mit Opal Effectmassen (OE 1 und OE 2) sowie IPS e.max Ceram Selection-Massen (Special Enamel citrin und Light Reflector salmon) durchgeführt. Nach dem ersten Brand folgte ein Korrekturbrand mit Zahnfleischanteil und Schneideanpassungen (Abb. 11). Beim dritten Brand lag der Fokus auf der Gingiva (Abb. 12).

 

Ergebnis

Abbildung 13 zeigt die fertig verblendete Versorgung auf dem Modell. Beim Eingliederungstermin war die Patientin voller Vorfreude, nach so langer Zeit wieder eine festsitzende Zahnversorgung zu erhalten. Die Erwartungen waren gross, der Tisch im Lieblingsrestaurant schon für denselben Abend reserviert. Das Behandlungsergebnis überzeugte alle Beteiligten (Abb. 14 bis 16). Gleichermassen funktional wie auch ästhetisch – aber altersgerecht in Farbe und Form – erfüllte es die Wünsche der Patientin vollumfänglich. Nun ist sie für die Ästhetik sensibilisiert, und die Unterkiefer neu Versorgung schon in Planung. Bei der Kontrolle eine Woche nach Eingliederung berichtete sie überglücklich vom ebenfalls positiven Feedback aus dem familiären Umfeld. Die neue Vollkeramik hat ihre erste Bewährungsprobe in unserem Labor mit Bravour gemeistert.

 

Fazit

Dem hohen Anspruch an eine One-Disc-Solution wird IPS e.max ZirCAD Prime vollends gerecht. Ich persönlich verstehe darunter in erster Linie, dass hier zwei verschiedene Rohstoffe mit ihren spezifischen Eigenschaften in einer Scheibe vereint sind. Bisher mussten stets Rohlinge mit unterschiedlicher Lichtdurchlässigkeit vorgehalten werden und bei jeder Arbeit war zu entscheiden, ob wir auf Stabilität oder Transluzenz setzen. Jetzt liefert mir eine Scheibe beides und das für alle Indikationen, eine echte One-Disc-Solution also.

 

 

Abb. 1: Situation nach Insertion von vier Implantaten im Oberkiefer.

 

Abb. 2: Interimsversorgung mit Klammerprothese.

 

Abb. 3: Vollanatomisches Wax-up.

 

Abb. 4: Screenshot der digitalen Konstruktion nach Cut-back.

 

Abb. 5: Teilreduziertes Gerüst im ungesinterten Zustand.

 

Abb. 6: Gerüst aus IPS e.max ZirCAD Prime nach dem Sintern.

 

Abb. 7: Auf dem Modell aufgepasstes Gerüst.

 

Abb. 8: Einprobe im Patientenmund.

 

Abb. 9: Nach dem Washbrand.

 

Abb. 10: Auftragen von Dentin- und Transpamassen vor der Wechselschichtung.

 

Abb. 11: Zahnfleischanteil und Schneideanpassungen für den Korrekturbrand.

 

Abb. 12: Fokus auf Gingiva für den dritten Brand.

 

Abb. 13: Fertige Arbeit auf dem Modell.

 

Abb. 14: Endergebnis im Patientenmund.

 

Abb. 15: Altersgerechte Ästhetik.

 

Abb. 16: Harmonisches Lippenbild.

 

 

ZTM Carola Wohlgenannt

 

Die Autorin

ZTM Carola Wohlgenannt, Dornbirn, Österreich

1995                          Abschluss der Ausbildung zur Zahntechnikerin im Dental Studio Selke in Stuttgart, Deutschland

2002                           Prüfungsbeste bei der Meisterprüfung in Freiburg, Deutschland

bis 2004        Tätigkeit im Dentallabor oral design Thilo Vock in Stuttgart mit Schwerpunkt Metall- und Vollkeramik

Ende 2004    3 Monate Auslandsaufenthalt bei Jogi Kern, Zahnwerkstatt Beverly Hills / Los Angeles, USA

seit 2005       selbstständig tätig im Team Wohlgenannt Zahntechnik in Dornbirn, Österreich

seit 2010       Referentin im Kurswesen

 

 

ZTM Carola Wohlgenannt, Dornbirn (Österreich)

 

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